Vor der Wahl: Das sagen Abgeordnete von CDU, FDP und Grünen zum Klima
In Leutkirch fand am Dienstag eine prominent besetzte Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl statt. Das Thema: die Energie- und Klimapolitik. Eingeladen hatte das Energiebündnis.
Nein, es ging an diesem Abend nicht um die Themen, die derzeit die Debatte bestimmen: Wirtschaft, Migration und innere Sicherheit. Dennoch war der Bocksaal gut gefüllt, als die von Gottfried Härle moderierte Podiumsdiskussion mit den hiesigen Bundestagsabgeordneten Axel Müller (CDU), Benjamin Strasser (FDP) und Agnieszka Brugger (Grüne) begann. Heike Engelhardt von der SPD musste ihre Teilnahme kurzfristig absagen.
Härle, im Gemeinderat Fraktionsvorsitzender des Grünen Bürgerforums, betonte in der Anmoderation, dass es aus Sicht des Leutkircher Energiebündnisses wichtig sei, dass das Thema Klima in diesem Wahlkampf nicht unter den Tisch fällt. Die Debatte wurde in drei Themenblöcke eingeteilt: 1. Ist die Energiewende überhaupt notwendig? 2. Wie soll es mit dem Ausbau der Erneuerbaren weitergehen? 3. Wie sieht es konkret mit den Plänen für die Energiewende in den Bereichen Mobilität und Gebäude aus? Im Folgenden eine Zusammenfassung wesentlicher Punkte.
Ist die Energiewende überhaupt notwendig?
Zur Einleitung dieses Themenblocks sagte Härle, dass die Energiewende derzeit, anders als noch bei der Bundestagswahl 2021, eher zu einem negativen Thema geworden sei. Von Teilen der Gesellschaft werde sie als „grünes Gedöns“ bezeichnet. Die Abgeordneten fragte er unter anderem: Welche Priorität hätte das Thema in einer neuen Regierung, wenn deren Partei dort vertreten ist?
Das sagte Müller: „Die Energiewende ist und bleibt erforderlich“, stellte der CDU-Mann klar. Konkret nannte er dafür drei Gründe. Der Aspekt Umweltschutz, bei dem es auch um die Bewahrung der Schöpfung gehe. Der Faktor Wirtschaft, da fossile Energieträger endlich seien. Und der politische Blick, da mit erneuerbaren Energien Abhängigkeiten vermieden werden könnten. Wichtig sei, dass man das Thema Energiewende und Klimaschutz breit anlegt, es dürfe hier „keine Denkverbote“ geben. So müsse man etwa im Bereich der Kernfusion forschen.
Das sagte Brugger: Die Grünen-Politikerin betonte, dass sie von allen Parteien der Mitte erwarte, dass diese konkrete Maßnahmen auf den Weg bringen, mit denen die Klimaziele erreicht werden können. Sie verwies zudem auf die Leistung der Ampel-Regierung, die es geschafft habe, sich nach dem Überfall Russlands zeitnah „von der fossilen Energie eines Kriegsverbrechers unabhängig“ zu machen. Klar sei, dass es für die erneuerbaren Energien eine andere Infrastruktur brauche als für das aktuelle System. Aber das sei beispielsweise bei der Eisenbahn auch so gewesen. „Einige machen es sich hier zu bequem.“
Das sagte Strasser: Deutschland habe seine Klimaziele zuletzt zwar erreicht, das müsse man aber auch ohne Pandemie und mit Wirtschaftswachstum schaffen, erklärte Strasser. Die FDP wolle, dass Deutschland es sich zum Ziel setzt, 2050 klimaneutral zu sein – wie die anderen Länder der EU. Angesichts dessen, „dass wir das einzige Industrieland sind, das nicht wächst, sondern schrumpft“, sei das aktuelle Ziel 2045 nicht förderlich. Man wolle schließlich ein Vorbild für andere sein – und kein abschreckendes Beispiel, wie eine Energiewende gerade nicht gelingt. Generell brauche man Wachstum, da bei fehlenden Einnahmen die Verteilungskämpfe losgehen.
Wie soll es mit dem Ausbau der Erneuerbaren weitergehen?
Hier fragte Härle die Abgeordneten unter anderem, wie der Ausbau der Erneuerbaren beschleunigt werden kann, vor allem vor dem Hintergrund der Proteste gegen Windenergie. Zudem ging es um das Thema Überlandtrassen sowie die Frage, ob grüner Wasserstoff wirklich die große Lösung sein kann.
Das sagte Strasser: Der FDP-Mann plädierte für eine Energieoffenheit: Der Staat muss günstige Rahmenbedingungen schaffen, aber keine festen Ausbaupfade vorgeben. Als dringendstes Problem aus deutscher Sicht nannte er den Netzausbau. Hier müsse man auch auf Überlandtrassen setzen. Er sprach sich auch für den Ausbau des Wasserstoffnetzes aus. Wasserstoff könne ein guter Speicher für überschüssige erneuerbare Energie sein. Klar sei aber, dass Deutschland dafür internationale Partner brauche. Beim Blick auf die Subventionen für Erneuerbare frage er sich, ob man bei einem Anteil von inzwischen 60 Prozent wirklich noch Subventionen braucht. Irgendwann kommt der Punkt, wo sich eine Energieform, etwa die Solarenergie, selbst tragen muss, so Strasser.
Das sagte Brugger: Als Politikerin habe sie keine Lieblingstechnologie, aber sie spreche viel mit Experten – und da komme heraus, dass zum Beispiel für den Bereich des Individualverkehrs die E-Mobilität die beste Lösung sei, während es für den Flug- und Schiffsverkehr oder auch den Schwerlastverkehr auf der Straße schon wieder anders aussehe. Ein Problem sieht Brugger darin, dass unter dem Deckmantel der Technologieoffenheit oft einfach gar nichts gemacht werde. Zum Thema der Leitungen sagte sie, dass teurere Erdverkabelungen nur da gebaut werden sollten, wo es notwendig ist. Generell müssten die Netzentgelte für den Ausbau auf eine längere Zeit umgelegt werden. Und man müsse das Thema Speicherung angehen.
Das sagte Müller: Er kritisierte, dass die Grünen einzig auf Wind und Sonne fixiert seien. Und: Wenn man aus einer Energieform aussteigen möchte, etwa aus der Kohle, könne man das nur, wenn man auch weiß, was stattdessen kommt. Beim Thema Freileitungen räumte Müller ein, dass das vor allem in der Schwesterpartei CSU teils tatsächlich anders gesehen wurde. Aber man habe sich im vergangenen Jahr darauf geeinigt, überall dort, wo es möglich ist, auf Freileitungen zu setzen. Zum Wasserstoff erklärte er, dass hier das südliche Württemberg bei den derzeitigen Planungen benachteiligt sei, das müsse sich ändern. Und es dürfe im Übergang nicht nur um grünen Wasserstoff gehen.
Wie sehen die Pläne in den Bereichen Mobilität und Gebäude aus?
Härle fragte hier unter anderem nach der Zukunft des 49- beziehungsweise 58-Euro-Tickets, der Haltung zum Aus neuer Verbrenner ab 2035 sowie der Haltung zu einem Tempolimit auf Autobahnen.
Das sagte Brugger: Sie erklärte, dass der Komplex der Gebäude sicher das schwierigste Thema sei, hier gehe es auch um bezahlbares Wohnen. Ein Tempolimit würde Brugger einfach mal ausprobieren. Grundsätzlich brauche man auch bei der Mobilität kluge Lösungen, das müsse nicht zwangsläufig für jeden ein E-Auto sein.
Das sagte Müller: Das 58-Euro-Ticket würde von der Union zwar nicht abgewickelt werden, aber man müsste nochmals über die Finanzierung diskutieren, so Müller. Klar sei, dass es in einem großen Landkreis wie Ravensburg ohne Individualverkehr nicht gehen werde. Müller sprach sich klar gegen ein Verbrenner-Aus 2035, beziehungsweise das damit gemeinte Zulassungsverbot aus. „Wir würden eine Technik aufgeben, bei der wir Weltmarktführer sind“, so Müller. Mit Blick auf die Gebäude machte er einen konkreten Vorschlag: Man sollte Schenkungs- und Erbschaftssteuern für Gebäude erlassen, wenn die dadurch freien Mittel dafür eingesetzt werden, das betreffende Haus energetisch zu ertüchtigen.
Das sagte Strasser: Er sei gegen ein Tempolimit auf Autobahnen. Ein Grund sei, dass es in Deutschland auf Autobahnen weniger Unfalltote gebe als in Ländern, die ein Tempolimit haben. Zudem lehne die FDP ein striktes Verbrenner-Verbot ab: Entscheidend ist, was hinten aus dem Auspuff herauskommt, so Strasser. Mit Blick auf die Gebäudesanierung erklärte er, dass man beispielsweise bei der schier unübersichtlichen Vielzahl an Förderprogrammen ansetzen müsste, um hier effizienter zu werden.
Nach den jeweiligen Themenblöcken gab es für das Publikum die Möglichkeit, Fragen zu stellen, wovon rege Gebrauch gemacht wurde. Kritische Anmerkungen gab es unter anderem zur Hoffnung, die in die Wasserstoff-Technologie gesetzt wird.
Härle bedankte sich zum Abschluss für die „spannende, informative und faire Diskussion“. Angesichts der Debattenkultur auf dem Podium erwähnte er mit einem Schmunzeln die Option einer Jamaika-Koalition.
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